Jazziger Spannungsbogen beim Konzert von und für Enikö


Jubilarin Enikö Szendrey stimmt im Kreis ihrer Chöre das Abschlusslied an.
Foto: J. Schönian

 

Eine Band zu leiten, ist nicht einfach, einen Chor mit über 20 Sängerinnen und Sängern, der aufgeteilt in bis zu sechs Stimmen ist, noch viel weniger – gleich drei Chöre auf einmal zu dirigieren, inklusive vier Instrumentalisten und das Publikum gekonnt mit einzubeziehen, wirkt dann schon wie eine Mammut-Aufgabe.

Enikö Szendrey hat sich zu ihrem 25. Chorleiterinnenjubiläum am Sonntag in der Eppsteiner Musikschule, in der sie seit 1997 unterrichtet, genau dieser Aufgabe gestellt. Sie dirigierte gekonnt und sicher mit viel Emotion und immer sicht- und spürbarem Lächeln durch den Abend.

Direkt zu Beginn sangen ihr Chor Mirabilis – am Klavier von Manuel Braun begleitet – das einzige, katholisch-kirchliche Frauenensemble Frankfurts, gemeinsam mit dem Idsteiner Chor „Die MusiTanten“ – am Klavier von Silke von der Heidt begleitet – den Titel „Music is my life“ von Eugen Buttler.

„Music is my Life“ – ist nicht nur der Titel des Eröffnungsstücks, sondern auch das Motto der gebürtigen Ungarin. „Ich bin Berufsmusikerin, das ist mein Leben! Es ist ein schönes Gefühl, eine musikalische Idee erfolgreich mit einer Gruppe Gleichgesinnter verwirklichen zu können. Ein gelungenes Konzert macht gierig auf das nächste – irgendwo ist es eine Sucht und der Süchtige ignoriert Nebenwirkungen lange Zeit“, so Szendrey darüber, weshalb sie die Tätigkeit seit 25 Jahren ausführt.

Im Anschluss an die Eröffnung sangen die MusiTanten vier Titel – darunter Szendreys erstes Stück in ihrer Karriere als Chorleiterin: „What shall we do (with the drunken Sailor…)“.

Mirabilis folgte sogleich mit „Trois choeurs religieux“, also den drei religiösen Gesängen – La Foi (Glaube), L’espérance (Hoffnung) und La Charité (Liebe) von Giacomo Rossini. Highlight des Stücks war die Solistin und Sopranistin Lydia Liess, die nach ihrem sehr gefühlvollen Solo von ihren Emotionen überrannt und von Enikö Szendrey herzlich in den Arm genommen wurde.

Das Publikum spürte, dass Enikö Szendrey ganz in den Chor vertieft war, die Musik fühlte, lebte und liebte – und der Chor zu 100 Prozent auf Szendrey vertraute.

Diese innige Stimmung kam auch beim Publikum an, das aufmerksam lauschte und begeistert applaudierte.

Nach einer kurzen Pause, in der die Musikschule die Gäste mit kleinen Snacks und Getränken zu fairen Preisen versorgte, läutete Mirabilis gemeinsam mit Manuel Braun am Klavier, Wolfgang Lippert am E-Bass und Frank Brettschneider am Schlagzeug die „Nidaros Jazz Mass“ von Bob Chilcott ein.

Kyrie, ein leichter Jazz mit entspanntem Bigbandfeeling, getragen von den 27 Sängerinnen, machte den Anfang, gefolgt von Gloria, Sanctus/Benedictus, sowie der sanften Ballade „Agnus Dei“ – ein jazziger Spannungsbogen, der die Leute schnell zum Mitklatschen und Mitschnipsen animierte.

Ausgerechnet eine Jazz Mass bereitete Szendrey jedoch in der Vergangenheit schon Kopfschmerzen. „Die Latin Jazz Mass von Völlinger wäre aufgrund von Bedenken einiger Sängerinnen und Sänger fast gescheitert, da sie der Meinung waren, dass sie das nicht könnten, sich regelrecht blamieren würden und nicht mitsingen wollten – inzwischen haben wir die Latin Jazz Mass bereits sechs Mal aufgeführt und es ist mein erfolgreichstes Stück geworden – sogar die Bedenkenträger singen begeistert mit!“, freute Szendrey sich.

Auch der hauseigene Musikschulchor begeisterte das Publikum mit Jazz und Swing. Der 18 Männer- und Frauenstimmen starke Chor begann mit dem Jazz Trio von Jay Althouse – Swingin‘ the night away, Nightingale und i95 – einer Ode an die 3101 Kilometer lange Interstate 95 in den USA. Für die gekonnte Begleitung am Klavier sorgte diesmal Ulrike Drommeshauser, mit der Szendrey bereits seit 2004 zusammenarbeitet. „Ich arbeite gerne mit ihr zusammen, sie beherrscht ihr Instrument, noch viel wichtiger aber: sie ist sehr kollegial und zuverlässig und begleitet sehr einfühlsam“, so Szendrey.

Natürlich durfte auch das berühmte Stück „Blue Moon“ von Richard Rodgers nicht fehlen – ein Liebeslied mit tiefgründigem Text, verpackt in knackigen, groovenden Jazz. Für die Soloeinlagen beim blauen Mond sorgten Dorothea Nippert und Katja Fuhr-Boßdorf.

Auch die MusiTanten durften noch ein zweites Mal singen – mit You’ll never walk alone, Molly Malone, You raise me up, sowie Hi! Ho! The rattlin‘ Bog wurde es nochmal poppig und irisch – Stücke, die ebenfalls bestens beim Publikum ankamen.

Zum Schluss sangen alle Chöre gemeinsam „Oh Joyfull“ von Nathalie Sleeth, um mit Amazing Grace, bei dem das Publikum mit einstimmte, zu enden. Deutlich über 100 Stimmen vollendeten das Konzert und machten es zu einem gelungenen 25. Jubiläum.

Ihr Traum sei es, in Zukunft noch Werke mit einem Orchester zu dirigieren – das scheitere jedoch meist an den finanziellen Mitteln. Außerdem läge es ihr am Herzen, irgendwann mal das Lied „My Way“ – ebenfalls ein berühmter Klassiker – aufzuführen. „Aber erst in ein paar Jahrzehnten, wenn es glaubhaft klingt“, erklärte Szendrey selbstkritisch.

js (J. Schönian ) für Eppsteiner Zeitung 13.11.2019

Foto: J. Schönian

Foto: J. Schönian

 

 

Samstag, 09. November 2019, Höchster Kreisblatt / Lokales

Seit 25 Jahren ist Enikö Szendrey Chorleiterin. Wie die Sängerin und ehemalige Sopranistin dazu kam, erzählt sie im Gespräch. Und sie verrät, was sie sich bei einem Lottogewinn kaufen würde.

VON CHRISTINE SIEBERHAGEN


Die musikalische Grenzgängerin

Das Leben vergleicht Enikö Szendrey gern mit einem Mosaik. Unzählige kleine Teilchen fügen sich zu einem Gesamtkunstwerk zusammen. Die zufällige Begegnung mit der Nachbarin damals betrachtet sie im Nachhinein als ein wegweisendes Steinchen.


Ihr mitreißendes Temperament steckt an. Enikö Szendrey bei einer Chorprobe mit den "MusiTanten". Der Frauenchor aus Idstein wird am Sonntag beim Jubiläumskonzert in der Musikschule dabei sein. Foto:privat

Glücksgriff Sängerbund

Damals, vor 25 Jahren, war die Musikerin in einer Orientierungsphase. Das Engagement als Sängerin am Hessischen Staatstheater Wiesbaden hatte die gebürtige Ungarin gerade aufgegeben. Zu schwierig war es für die Mutter einer kleinen Tochter, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Kinderbetreuung? Anfang der 90er noch Fehlanzeige. "30 Minuten bevor ich auf der Bühne stand, saß ich oft noch beim Abendessen am Küchentisch und bin dann von Eppstein nach Wiesbaden gehetzt", erinnert sich die Sopranistin. Sie entschied sich für die Familie. "Ich wusste aber, dass ich wieder etwas machen wollte." Etwas mit Musik. Was, das war dem Multitalent, das in Budapest und Hamburg studiert und Diplomabschlüsse in den Fächern Chorleitung, Gesang, Klavier und Theorie gemacht hatte, noch nicht klar. Da sprach die Nachbarin sie an, erzählte vom Frauenchor des Sängerbunds Vockenhausen und der Suche nach einem Chorleiter. "Nach einem Mann", betont Szendrey: "Frauen waren die Ausnahme in diesem Beruf. Auch ich habe es anfangs sehr schwer gehabt."

Vor allem bei den Honorarverhandlungen hatten Chorleiterinnen schlechtere Ausgangpositionen als die männlichen Kollegen. "Viele Vereinsvorstände sehen nicht, welche Arbeit dahintersteckt und wie viel Zeit man in die Vorbereitung investieren muss." Enikö Szendrey ist Perfektionistin. "Ich singe mit meinen Damen ausschließlich Werke, die für Frauenchöre geschrieben wurden. Das bedeutet eine intensive Recherchearbeit." Während die Literatur für Männerstimmen äußerst umfangreich ist, sind spezielle Werke für Frauenchöre rar. "Wenn ich mal im Lotto gewinne, kaufe ich mir einen Männerchor", witzelt sie mit glockenhellem Lachen.

Indes macht ihr die Arbeit mit den Frauen "wahnsinnig viel Spaß". Etliche Chöre sind es, die sie inzwischen leitet. Bis 2010 hat sie den Frauenchor Vockenhausen dirigiert. Mit großem Erfolg: Bei zahlreichen Chorwettbewerben machten die Damen von sich reden. Szendreys Name sprach sich schnell herum. Chöre aus Frankfurt, aus Wiesbaden, aus Idstein fragten an.

Nicht zu vergessen ihr "Baby", wie die temperamentvolle Frau den Musikunterricht nennt, mit dem sie seit vielen Jahren Mädchen und Jungen Appetit auf Gesang und Klavier macht. "Ich liebe es, Kinder zu unterrichten. Das ist die Zukunft. In den 90er Jahren habe ich an der Grundschule in Niederjosbach angefangen." Daraus wurde ein etabliertes Betreuungsangebot für die Kinder der Comenius- und der Burgschule. Das Schulamt stellt die Räume zur Verfügung.

Arbeit mit Semi-Profis

Fast genauso lange - seit 1996 - unterrichtet Szendrey an der Musikschule Eppstein. "Die Kleinen von einst sind heute schon teilweise erwachsen. Ich bin sehr glücklich, dass viele dann immer noch Spaß am Musizieren oder Singen haben." Wobei die Musikerin mit Blick auf die Chorarbeit festgestellt hat, "dass es heute sehr viel leistungsorientierter zugeht. Ich spreche deshalb nicht mehr von Laien, sondern von Semi-Profis".

Wer heute Menschen für die Chorarbeit begeistern wolle, müsse sich auf die gesellschaftlichen Veränderungen einlassen. "Die klassische Vereinsarbeit ist passé. Die meisten Leute sind beruflich stark eingebunden und haben weniger Zeit. Sie wählen ein Angebot gezielt aus, sind bereit, dafür Geld auszugeben, möchten dafür aber auch etwas geboten bekommen." Als Beispiel nennt sie den Chor der Musikschule, der vor zwei Jahren gegründet wurde und den sie leitet. "Wir kommen nur alle 14 Tage zusammen und arbeiten sehr stringent." Ebenso ist ein zeitgemäßes Repertoire für die Musikpädagogin ein Muss. Viel Zeit investiert sie in die Suche nach passenden Werken. Das beweist ein Blick auf das Programm, das sie zu ihrem Chorleiter-Jubiläum ausgewählt hat - darunter eine deutsche Uraufführung (Text unten).

Ganz wichtig ist es der Musikerin, die sich mit Nordic Walking und Bergsteigen fit hält, den Zuhörern Lust aufs Singen zu machen. "Sitzen bleiben geht nicht - bei meinen Konzerten singen alle am Ende gemeinsam." "Wunderschöne Lieder" hat sie dafür ausgewählt. Welche, verrät sie den Zuhörern erst beim Konzert. Nur so viel: Es geht international zu und passt zu ihrem Lebensmotto: "Mit Musik kann man Grenzen überwinden - nicht nur im räumlichen Sinn, sondern auch im emotionalen."

 

Musikschule: Chorleiter-Jubiläum von Enikö Szendrey



Enikö Szendrey 2008 mit dem Madrigale-Chor in Ehlhalten.Foto: EZ

Enikö Szendrey feiert am Sonntag, 10. November, in der Musikschule ihr 25. Jubiläum als Chorleiterin. Die Sängerin am Wiesbadener Staatstheater übernahm 1994 die Chorleitung beim Frauenchor in Vockenhausen und leitete ihn über zwölf Jahre lang.

Es waren erfolgreiche Jahre.
Deshalb erreichten sie immer neue Anfragen.

Zehn oder auch zwölf Chöre standen zeitweise gleichzeitig unter ihrer Leitung. Szendrey unterrichtet seit 1997 Gesang und Klavier an der Musikschule.

Sie ist überzeugt, dass Chorgesang eine Zukunft hat, wenn er frei ist von den Fesseln des Vereinslebens.

Im Gespräch mit der Eppsteiner Zeitung sagte sie: „Neue, junge Mitglieder lassen sich nur gewinnen mit zeitgemäßer Musik und ohne die obligatorische Vereinsarbeit zur Finanzierung der Vereinskosten. Junge Leute zahlen gerne höhere Beiträge, wollen dafür aber nur singen und keine Kuchen verkaufen oder Weihnachtsstände aufstellen.“

Das Jubiläumskonzert bestreiten die Chöre Mirabilis aus Frankfurt, die MusiTanten aus Idstein und der Chor der Musikschule.

Auf dem Programm stehen Werke, die Enikö besonders am Herzen liegen. Die Chöre singen gemeinsam und auch mit dem Publikum. Enikö Szendrey möchte möglichst viele Menschen zum Singen motivieren.

Unterstützt wird sie am Flügel von Manuel Braun, Silke von der Heidt und Ulrike Drommeshauser. Mirabilis und der Chor der Musikschule werden zudem am Bass von Wolfgang Lippert und am Schlagzeug von Frank Brettschneider begleitet.

EZ 30.10.2019