Mit Krummhorn und Kornamuse

08.02.2011 - EPPSTEIN

Von Daniel Rudolf für Wiesbadener Kurier

KONZERT Madrigalchor Eppstein entführt Publikum ins musikalische Mittelalter

Vor 800 Jahren wäre der Auftritt des Madrigalchors des Eppsteiner Kulturkreises wohl ein großer Skandal gewesen und hätte bei den Rittern für Empörung gesorgt. „Im Mittelalter waren es nämlich ausschließlich Männer, die bei öffentlichen Auftritten in solchen Chören sangen“, erklärte Enikö Szendrey, die seit knapp dreieinhalb Jahren den Mittelalterchor leitet. Beim Auftritt des Ensembles „Madrigale“ in der Pfarrscheune in Eppstein-Ehlhalten waren die zehn Frauen ihren vier männlichen Mitstreitern zahlenmäßig deutlich überlegen. „Daher würden wir uns auch wünschen, dass sich noch einige interessierte Herren uns anschließen“, sagte Szendrey.

Prächtige Gewänder

Die Mitglieder des Chors betraten am Sonntagabend in prächtigen mittelalterlichen Gewändern, die sie sich für ihre Auftritte selbst genäht hatten, die Bühne und entführten die zahlreichen Zuhörer auf eine musikalische Zeitreise in das Mittelalter. Während ihres Programms mit dem Titel „Musikalische Kurzweil“ sangen sie unter anderem das Stück „carmina buranum“ aus dem 13. Jahrhundert, das rund 700 Jahre später in der Komposition von Carl Orff weltberühmt wurde.

Unter den Gästen war auch der Komponist und Musikwissenschaftler Professor Richard Rudolf Klein, der seit vielen Jahren musikalisch mit Chorleiterin Szendrey zusammenarbeitet. Klein freute sich mit den anderen Besuchern über die großartige, mehrstimmige Darbietung der „Merseburger Zaubersprüche“ aus dem neunten Jahrhundert, die der Komponist eigens für den Eppsteiner Chor neu arrangiert hatte.

Doch die Chormitglieder begeisterten nicht nur mit ihrem außergewöhnlichen stimmlichen Talent, sondern bewiesen auch, dass sie die typischen mittelalterlichen Instrumente beherrschen. Während der Chor bei den meisten Liedern auf eine instrumentale Begleitung verzichtete, brachten die Instrumentalisten des Ensembles bei zwei Solostücken Krummhorn und Cornamuse, die sich beide in Aufbau und auch in ihrem Klang stark ähneln, sowie eine mittelalterliche Flöte zum Einsatz. Am Ende ihres abwechslungsreichen und ambitionierten Programms erntete der Chor lautstarken Beifall von den begeisterten Zuhörern.

Der Chor „Madrigale“ hatte sich im Jahre 2008 anlässlich der Feiern zum 775-jährigen Bestehen von Ehlhalten gegründet. Die gebürtige Ungarin Szendrey, die selbst in Ehlhalten lebt, fand damals in ihren bisherigen Chören sehr schnell Sänger, die sich für die Teilnahme an einem Mittelalterchor begeisterten. „Viele hatten Lust, etwas Neues auszuprobieren und auf einem anspruchsvollen, leistungsorientierten Niveau zu singen“, erklärte die Chorleiterin. Mittlerweile ist der Madrigalchor in der Burgstadt Eppstein ein gern gesehener Gast auf vielen Veranstaltungen wie beim mittelalterlichen Essen auf der Burg und auf dem Eppsteiner Weihnachtsmarkt.