Eppstein
Von Schlachten und hoher Minne
Ein Madrigal-Chor in Ehlhalten, einem Stadtteil der Burgstadt
Eppstein, erweckt mittelalterliches Liedgut wieder zum Leben. 15 Männer und
Frauen gehören dem Chor zurzeit an.
Früher
durften Frauen nicht mitsingen - die hohen Stimmen übernahmen Kastraten.
Foto: Rolf Oeser
Das
Mittelalter erlebt eine Renaissance. Mittelalterliche Speisen, Spektakel oder
Märkte werden immer öfter dargeboten und ziehen ein wachsendes Publikum an. So
mag es kaum verwundern, dass dieser Trend auch an der Burgstadt Eppstein nicht
spurlos vorbeigeht.
Ein kleines
Grüppchen stimmgewaltiger Männer und Frauen hat sich im Stadtteil Ehlhalten der
mittelalterlichen Sangeskunst verschrieben, zum Madrigal-Chor
zusammengeschlossen und tritt nun bei mittelalterlichen Märkten oder Festen
auf. In ihren Liedern lassen sie die Zeit der Gaukler und fahrenden Sänger wieder
aufleben. Jene Zeit, als diese für Kurzweil an den Tafeln der Ritter oder auf
den Märkten der Städte sorgten.
15 Männer
und Frauen gehören dem Chor an. Ihre Gesänge klingen beschwingt und fröhlich.
Ihr Repertoire ist vielfältig. Sie geben Trinklieder zum Besten, erzählen von
Schlachten und bitteren Niederlagen oder der hohen Minne, dem Liebes-Ach und
-Weh der edlen Damen. Sie singen vielstimmig, manchmal jagen sich sieben
verschiedene Stimmen durch die Lieder.
Die ältesten
ihrer Liedtexte stammen aus dem 9. Jahrhundert. Nicht alle Melodien sind über
die Jahrhunderte überliefert. Einige wurden extra für diesen Chor neu
komponiert. Vom historischen Vorbild weicht auch das Geschlechtergemisch ab.
„Frauen durften nicht mitsingen, die hohen Lagen übernahmen Kastraten“, erzählt
Enikö Szendrey, die Leiterin des Chors. Ins Leben gerufen hat Szendrey den Chor
vor drei Jahren, zur 775-Jahrfeier von Ehlhalten.
Ursprünglich
nur als befristetes Projekt für das Fest gedacht, ist die Formation inzwischen
zur festen Institution geworden. Die Sänger stammen nicht nur aus der
Burgstadt. Es zieht sie aus Wiesbaden, Rüsselsheim oder Kronberg hierher, um
einmal monatlich ihre Stimmen zu mittelalterlichen Weisen zu vereinen.
„Ich habe
nach neuen musikalischen Wegen gesucht“, sagt die 49-jährige Szendrey. Ihr
Anspruch ist hoch, die Musikpädagogin dirigiert neben der Eppsteiner Formation
noch sieben weitere Chöre. Zwar kann nicht jeder der Sänger im Madrigal-Chor
Noten lesen. Doch haben alle musikalische Erfahrung, können sich selbstständig
Melodien erarbeiten, die dann im gemeinsamen Gesang zusammenfließen.
Wenn die
Sänger, wie gestern in der Pfarrscheune Ehlhalten, vors Publikum treten, sind
sie in historische Gewänder gekleidet. Begleitet wird ihre Darbietung vom
Krummhorn oder Cornumbase, einer Schalmei mit weichem, vollen Klang. Dem
Publikum wird Met und Hypocras, der edle Gewürzwein der Adligen, gereicht.